Meine Entwicklung
Mein Bedürfnis, Neues zu lernen, war sehr gross. Ab dem Beginn des fünften Lebensjahres lernte ich lesen und beherrschte es sehr schnell. Von da an fing ich an, alle Bücher zu lesen, die mir in die Hände kamen. Schon in der ersten Klasse konnte ich flüssig einfachere Texte vorlesen.
Mit 5 Jahren kam ich in den Kindergarten. Von Anfang an pflegte ich tiefe Freundschaften im Kindergarten, die bis weit in die Oberstufe hielten. Damals ging ich sehr gerne in den Kindergarten und in die Grundschule. Ich hatte immer einen tollen Freundeskreis um mich herum und hatte nie Mühe, auch mit schwierigeren Klassenkameraden umzugehen. Deshalb setzten mich die Lehrer häufig zu diesen Mitschülern, was ich nicht immer so toll fand, da ich auch gerne bei meinen besten Freunden sass.
In der Primarschule zeigte ich immer viel Initiative, stand für meine Kameraden ein und fungierte häufig als Sprachrohr, wenn die Klasse etwas besprechen wollte. Damals machte ich das sehr gerne.
Interessant ist, dass man bei mir immer den Zeitpunkt abpassen musste, um mir etwas beizubringen. Nicht immer war ich offen dafür. Und oft nahm ich Hilfe lieber von meiner grossen Schwester an als von meinen Eltern. So lernte ich anfangs 6 Jahren schwimmen, bekam es jedoch von meiner Schwester beigebracht.
In vielen Sachen spielte sich bei mir die Situation folgendermassen ab: Am Anfang der Ferien wollten mein Vater und meine Mutter meiner Schwester etwas beibringen (Skifahren, schwimmen, …). Meistens wollte ich dann das Gleiche lernen, was meine grosse Schwester lernt. Jedoch wollte ich die Hilfe meiner Eltern dabei nicht annehmen. (Auch das führte dann häufig zu vielen Schrei-Attacken und Tränen, weil ich mir mal wieder selbst im Weg stand.) Wenn ich dann aber Ende Ferien sah, dass meine Schwester etwas gelernt hat und ich nicht, kam ich in grossen Stress. Dann erbarmte sich meine Schwester und brachte mir das Gleiche bei. Auf diese Art lernte ich unter anderem Schwimmen und Skifahren.
Ich habe mich schon immer sehr um Leistung bemüht. In der Primar fiel mir vieles leicht, auch ohne Lernen bekam ich gute Noten. In der Oberstufe musste ich mich mehr ins Zeugs legen, um die gleiche Leistung zu vollbringen und habe deshalb auch immer viel gelernt. Ich habe selten etwas angefangen, ohne es auch bestmöglich abzuschliessen. Das habe ich nicht für Anerkennung gemacht, da bei uns zu Hause gute Noten nie betont oder belohnt wurden. Wir konnten auch immer selbst bestimmen, wie lange wir für etwas lernen wollten. Die guten Leistungen habe ich wegen meines eigenen starken Kopfes und meinem Willen erreicht.
Und wohl auch wieder mit dem Aspekt der Sicherheit, dass ich immer genügend viel lernen wollte, um mir sicher zu sein, dass ich die Stufe bestehe.
Aber ich glaube, es war auch in dieser Phase, in der ich vermehrt anfing, meine Geschwister als Konkurrenten zu betrachten. Gerade als Sandwich-Kind ist es manchmal sehr schwierig, sich einzuordnen. Ein Beispiel dafür, bei dem ich mich noch genau an meine Gefühle erinnern kann, ist das Folgende:
Als ich etwa 7 Jahre alt war, machte meine ganze Familie eine Velotour. Meine grosse Schwester war schon ziemlich schnell, deshalb fuhr sie mit meinem Vater ein bisschen davon. Mein Bruder aber war so unglaublich langsam, dass er kaum vom Fleck kam. Natürlich blieb meine Mutter bei ihm. Und so pendelte ich irgendwo zwischendrin, allein. In diesem Moment fühlte ich mich sehr im Stich gelassen und nicht dazugehörig.
Ein ähnliches Beispiel, von dem meine Schwester auch so spricht, geht folgendermassen: Als ich das jüngste Kind war, wurde ich immer, wenn ich im Auto einschlief, ins Bett getragen. Sobald aber mein Bruder auf der Welt war, musste ich selbst gehen, da er ja getragen wurde. Unfairerweise war er natürlich immer das jüngste Kind, und so wurde er noch viel, viel mehr Jahre getragen, als ich es wurde. Für mich als Kind war das damals so unfair, dass ich sogar anfangen wollte, eine Liste zu schreiben, wo ich überall benachteiligt werde. Zum guten Glück habe ich das aber nie angefangen.
Meine Eltern versuchten aber, dem ein wenig entgegenzuwirken. Als ich mal weinen musste, weil ich immer die Kleider meiner Schwester nachtragen musste und selten eigene Sachen bekam, gingen sie postwendend mit mir in einen Laden, damit ich mir eigene Sachen aussuchen durfte.
Ausserdem war es für mich wohl noch schwieriger, weil das jüngste Kind ein Junge war. Deshalb hatte er so oder so einen besonderen Status inne. So ging er mit meinem Vater Modellfliegen oder bastelte im Keller irgendwelche Konstrukte. Bei allem durfte ich mitmachen, hatte aber irgendwie das Gefühl, dass ich nicht ganz dazu passe.
Doch wie ich mittlerweile erfahren habe, versuchten auch hier meine Eltern, diesem Gefühl entgegenzuwirken. Bereits mit 10 Jahren ging ich mit meinem Vater als "Hilfstontechnikerin" mit auf Tournee und "half" ihm, bei den Konzerten die Technik zu machen. Das war eine Zeit, die nur uns beiden gehörte, wo ich nie in Konkurrenz mit meinen Geschwistern stand und meinen Vater ganz für mich hatte. So hat er mir auch die Liebe für Technik mitgegeben. Heute mache bei manchen Konzerten die Tontechnik selbst.
Für Musik interessierte ich mich generell schon immer sehr, wenn irgendwo Musik lief, war ich häufig sehr zufrieden. Deshalb fing ich in der ersten Klasse in einem Perkussions-Ensemble an, wo ich durch mein angeborenes Taktgefühl sehr schnell weit kam. In der dritten Klasse fing mein Musiklehrer an, mich im Xylophon spielen zu fördern. Auch das habe ich immer sehr gerne gemacht.